Die Customer Journey, eine Einführung
Die Customer Journey, also die „Reise des Kunden“, bezieht sich auf den Weg, den ein Kunde oder eine Kundin über sogenannte Touchpoints zurücklegt, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird.
Dabei geht es darum, die einzelnen Kontaktpunkte der Kunden mit der Marke, also die Touchpoints wie etwa Werbemassnahmen, Social Media Posts, Newsletter oder die Website miteinander zu verbinden und die Wege aufzuzeigen, die Kunden vom ersten Kontakt mit der Marke bis zum Kauf nehmen können.
Je mehr verschiedenen Kanäle genutzt werden, desto komplexer wird die Customer Journey, da alle Kanäle gewissermassen eine Abhängigkeit zueinander aufweisen, was sehr schnell unübersichtlich werden kann. Um diese Herausforderung zu meistern, empfiehlt sich der Einsatz einer Customer Journey, um ein klares Verständnis der Entscheidungsfindung der Kundinnen und Kunden zu erhalten und zu sehen, welche dieser Touchpoints wie und in welchem Massen genutzt werden und zu einer Kaufentscheidung beiträgt.
Am besten lässt sich das durch eine Visualisierung erreichen, einer sogenannten Customer Journey Map. Der Prozess, wie eine solche Visualisierung erreicht werden kann, nennt sich dementsprechend „Customer Journey Mapping“.
Was ist eine Customer Journey
Der Begriff der Customer Journey existiert bereits sehr lange und beschreibt die „Reise“, die ein Kunde oder eine Kundin vom ersten Kontakt bis zur definierten Zielerreichung durchläuft. Diese kann zum Beispiel der Kauf eines Produkts oder die Nutzung einer Dienstleistung sein, aber auch die Kontaktaufnahme mit einem Unternehmen.
Diese „Reise“ besteht aus den einzelnen Entscheidungsphasen, angefangen von der ersten Wahrnehmung oder Inspiration über die Informationsbeschaffung bis hin zur finalen Zielhandlung. Die Dauer dieser Reise ist dabei nicht bestimmt und kann je nach Zielsetzung mehrere Stunden bis hin zu Tage oder Monate umfassen. Jede dieser Entscheidungsphasen beinhaltet herausragende Momente in der jeweiligen Customer-Journey-Phase, in der ein Kunde oder eine Kundin die nächste Phase betritt.
Im Laufe der Zeit bildeten sich zahlreiche Varianten von Customer-Journey-Definitionen für unter- schiedlichste Bedürfnisse heraus, wobei deren Popularität durch die Digitalisierung nochmals zugenommen hat.
Die Geschichte der Customer Journey
Die erste Definition einer Customer Journey stammt aus dem Jahr 1898 von Elias St. Elmo Lewis, einem Autoverkäufer aus den USA. Lewis war weniger ein Werbepraktiker als ein Verkäufer und leitete aus seiner praktischen Erfahrung die erste Theorie einer Customer Journey, genannt AIDA ab). Das Akronym AIDA steht für Attention, Interest, Desire und Action.
Diese vier Phasen können folgendermassen zusammengefasst werden: In einem ersten Schritt wird Aufmerksamkeit (Attention) generiert. Im zweiten Schritt soll Interesse (Interest) erzeugt werden, was vor allem durch die Verfügbarkeit geeigneter Informationen erreicht werden kann. Im dritten Schritt wird durch Emotionen das Verlangen (Desire) für die Marke geschaffen, das im vierten Schritt durch eine Handlung (Action) zur Zielerreichung führt.
Ein entscheidendes Merkmal dieser Methode ist der trichterartige Prozess: Die Zahl der Kundinnen oder Kunden wird mit jeder Phase etwas kleiner. Von beispielsweise anfangs 100 Menschen interessieren sich noch 60 für die Marke und nur 30 kaufen das Produkt schliesslich.
In den folgenden Jahrzehnten wurde das AIDA-Modell immer wieder weiterentwickelt, da es vor allem für die Bedürfnisse der zunehmenden Vernetzung eine entscheidende Schwäche aufweist: Der Kundenbindung ist keine eigene Phase gewidmet!
Als Reaktion auf die fehlende Kundenbindung definierte Derek Rucker von der Kellogg School of Management eine entscheidende Abwandlung von AIDA, die er die vier A’s nannte: Aware, Attitude, Act und Act again. Diese Adaption fasst die beiden Phasen Interest und Desire in Attitude zusammen und definiert mit Act again eine neue Phase. Die fehlende Kundenbindung konnte durch diese neue Phase besser erfasst werden.
Auch bei den vier A’s ist der trichterartige Prozess entscheidend: Beim Entscheidungsprozess nimmt die Anzahl der in Betracht gezogenen Marken in jeder Phase etwas ab. Das bedeutet konkret, dass weniger Marken gekauft werden als bekannt sind, und es können weniger Marken wei- terempfohlen werden als gekauft, was gerade in Zeiten der zunehmenden Vernetzung einigermassen fatal ist.
Die Loyalität wurde vor dem Bewusstsein für die zunehmende Vernetzung hauptsächlich durch einen erneuten Kauf bewiesen. Allerdings ist es heute eigentlich entscheidender, dass ein Kunde oder eine Kundin eine Marke aktiv weiterempfehlt, auch wenn er oder sie diese gerade nicht nutzt, das hat mit einem erneuten Kauf nicht mehr viel zu tun. So ist es zum Beispiel für klassische Luxusmarken durchaus üblich, dass mehr Menschen bereit sind, diese aktiv weiterzuempfehlen, obwohl sie sie gar nicht besitzen (Kotler, 2017, K.1466): Es sind vermutlich mehr Menschen von Autos der Marke Tesla angetan als tatsächlich ein solches besitzen.
Dadurch entstehen viele Kontaktpunkte zur Marke, die nicht mehr durch das Unternehmen kontrolliert werden können, aber direkten Einfluss auf die Customer Journey ausüben. Ein Einstiegspunkt der Kundinnen oder Kunden ist heute in praktisch jeder Phase möglich, da sie durch diese unkontrollierbaren Kontaktpunkte nicht mehr zwingend linear geplant und durchlaufen werden müssen.
Fazit
Der trichterartige Prozess der Customer-Journey-Definition nach den vier A’s kann demnach als nicht mehr zeitgemäss angesehen werden, ebenso fehlt gänzlich die Messbarkeit der Loyalität. Aus diesem Grund entwickelte Kotler eine weitere Adaption von AIDA und den vier A’s: die fünf A’s.
Quellen / Lesetipps
- Flocke, L. (2014). Dialogmarketing Perspektiven 2013/2014. Springer Fachmedien
https://amzn.to/3nWZToc * - Kotler, P. (2017). Marketing 4.0: Der Leitfaden für das Marketing der Zukunft. Frankfurt, Campus Verlag
https://amzn.to/3fGhRso * - Kruse Brandão, T. (2018). Digital Connection: Die bessere Customer Journey mit smarten Technologien – Strategie und Praxisbeispiele. Wiesbaden, Springer Verlag
https://amzn.to/364CoDG * - Heun, H. (2017). Werbung . Freiburg, Springer Fachmedien Wiesbaden
https://amzn.to/3m6UUB0 * - Hanlon, A. (2019). Essential marketing models, Classic planning tools to inform strategy, Smart Insight.
https://www.smartinsights.com/guides/essential-marketing-models/
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